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Die heimlichen Helden des Crashtests: Was erlebt so ein Crashtest-Dummy im Alltag?Kopfschmerzen vorprogrammiert: Die Leiden des jungen Crashtest-Dummys. © GettyImages/Henrik Sorensen

Aus dem Tagebuch eines Crashtest-Dummys

7. Dezember Liebes Tagebuch, heute bin ich mit Kopfschmerzen aufgewacht. Was gestern war? Daran erinnere ich mich nicht wirklich. Nur so viel: Mein linker Arm fehlt und mein Kopf hat eine ganz schön dicke Beule. Aua. Für mich geht’s jetzt erst mal in die Werkstatt. Da flicken sie mich wieder zusammen.

11. Dezember Meine Schwester Martha hat mich eben besucht. Sie hat heute keinen schönen Job: Auf dem Fahrrad gegen ein bremsendes Auto fahren. Martha ist übrigens 1,60 Meter groß und wiegt 100 Kilogramm. Sie ist eines von mehreren Übergewichtsmodellen aus meiner Familie.

Es gibt auch Kinder, Babys, Senioren, sogar ein paar Tiere. Mich haben sie damals als Standardmann gebaut: knapp 1,75 Meter groß, rund 80 Kilogramm schwer. Weil die Menschen immer schwerer werden, werden meine zukünftig gebauten Brüder wohl auch etwas schwerer ausfallen.

Anders als die Menschen habe ich Knochen aus Stahl und einen metallenen Dickkopf, immerhin gummiummantelt. Dazu kommen Messsonden an allen empfindlichen Ecken und Enden: an Kopf, Hals, Brustkorb, Armen, Beinen und so weiter. In mir sind rund 150 Sensoren verbaut. Das macht mich zu einem der teureren Dummys. Für „einen von uns“ muss man schon mal bis zu einer Dreiviertelmillion Euro lockermachen. So, jetzt aber erst mal Daumen drücken für Martha.

12. Dezember Schwesterherz geht’s erstaunlich gut. Sie hat zwar einige Schrammen abbekommen, aber ihr Kopf ist unverletzt geblieben. Sie durfte glücklicherweise einen robusten Sturzhelm testen. Auch von mir persönlich gibt’s dafür das Testurteil: „Sehr gut“!

Ach, wir Crashtest-Dummys tragen so viel Verantwortung. Die Menschen sind sich dessen gar nicht bewusst. Seitdem es uns gibt – immerhin seit Ende der 40er Jahre – haben wir geholfen, die Welt deutlich sicherer zu machen. Habe heute übrigens etwas Schauriges im „Crashtest-Dummy Kurier“ gelesen: Bevor es uns gab, haben Wissenschaftler andere Testobjekte benutzt – nämlich menschliche Leichen. Uff.

24. Dezember Pünktlich zu Heiligabend bin ich wieder auf Vordermann gebracht worden. Während die Menschen alle zu ihren Lieben gehen, werde ich eingemottet. Natürlich so, dass die Sensoren und vor allem die Gelenke intakt bleiben. Ja, auch ich kann mich wund liegen – und das würde die Messergebnisse verfälschen. Deshalb gibt es für mich sogar spezielle Stühle, auf denen ich sitzen oder Haken, an denen ich hängen muss. Jetzt heißt es aber erst mal: herunterfahren und Kraft tanken.

6. Januar Neues Jahr, neues Unglück. In ein paar Tagen werde ich wieder ins Auto gesetzt. Die Vorbereitungen laufen aber heute schon an. Schrauben nachziehen. Ölen. Sensoren einstellen und testen. Komisch, oder: Tagelang wird vorbereitet – und im Bruchteil einer Sekunde ist der ganze Spuk vorbei.

11. Januar Ich habe das alles schon mehrere hunderte Male gemacht – aber nervös bin ich trotzdem jedes Mal. In ein paar Minuten geht’s los, und im Grunde ist alles schon vorbereitet: Die Prüfer haben mir noch etwas Farbe verpasst, damit sie hinterher sehen, wo mein Körper überall getroffen wurde. Mein Baumwoll- Outfit habe ich auch schon an.

Gleich setzen sie mich ins Auto, legen meinen Fuß aufs Pedal, die Hände ans Lenkrad. Nachdem die letzten Kabel eingesteckt und die Hochleistungskameras eingeschaltet sind, geht’s los. In den letzten Minuten höre ich übrigens gerne Musik. Heute zum Beispiel das Lied „Mmm Mmm Mmm Mmm“. Von wem war das denn noch mal? Mir fällt’s nicht ein – ich bin einfach zu nervös. Ich hoffe, dass ich dir noch mal schreiben kann, liebes Tagebuch. Das Automodell heute sieht ziemlich klapperig aus.

12. Januar Liebes Tagebuch, heute bin ich mit Kopfschmerzen aufgewacht. Was gestern war? Keine Ahnung …

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