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Mit Pränataldiagnostik lässt sich in der Schwangerschaft feststellen, ob beim ungeborenen Kind eine Chromosomenstörung vorliegt. Jochen Rolle vom Verein Lebenshilfe Wetterau e.V. über den Umgang mit der Diagnose.Jochen Rolle vom Verein Lebenshilfe Wetterau e.V. über den Umgang mit der Diagnose aus einer Pränataldiagnostik. © GettyImages

Erst überlegen, dann testen: Pränataldiagnostik

Regelmäßige Untersuchungen gehören zu einer Schwangerschaft dazu – und sind wichtig, um schnell reagieren zu können, sollte mit dem Baby etwas nicht stimmen. In der 11. bis 13. Schwangerschaftswoche besteht außerdem die Möglichkeit, eine Nackenfaltenmessung durchzuführen. Eine solche pränatale Diagnoseuntersuchung liefert einen Hinweis, ob eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Chromosomenstörung wie das Down-Syndrom vorliegt. Ist das Risiko erhöht, können weitere Untersuchungen folgen. Deren Ergebnisse sind dann relativ zuverlässig, aber auch sie geben keine hundertprozentige Sicherheit.

Was bedeutet das Ergebnis?

Natürlich machen sich werdende Eltern Sorgen um ihr Kind – und möchten alles tun, dass es ihm gut geht. Viel zu selten stellen sie sich aber zuvor die Frage: Was bedeutet es, wenn die Pränataldiagnostik die Möglichkeit einer Behinderung andeutet? Wollen wir das Kind auf jeden Fall bekommen? Hilft es vielleicht, uns besser darauf einzustellen, wenn wir wissen, dass unser Kind unter Umständen eine Behinderung hat? Oder wäre es eine große Belastung, wenn das Baby eine Behinderung haben könnte?

Beratung schon vor dem Test

Eltern sollten schon vor einem ersten Test ein Beratungsgespräch beim Arzt oder in einer Beratungsstelle wahrnehmen und miteinander entscheiden, ob sie die Pränataldiagnostik durchführen. Denn mit dem Testergebnis muss man unter Umständen eine Entscheidung treffen. Es geht um ungeborenes Leben, daher sollte sie gut überlegt und vorbereitet sein – und nicht im Eindruck eines unerwarteten Testergebnisses getroffen werden. Es ist auf jeden Fall auch sinnvoll, eine zweite Meinung einzuholen.

Jeder Mensch ist wertvoll

Inklusion, also die Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft, hat als Thema in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Das ist richtig und wichtig. Doch gleichzeitig werden in Deutschland Schätzungen zufolge neun von zehn Föten, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Down-Syndrom diagnostiziert wurde, abgetrieben. Warum tut sich unsere Gesellschaft so schwer, auch einem Fötus mit Down-Syndrom sein Recht auf Leben zu geben?
Meine 17-jährige Tochter hat das Down-Syndrom. Meine Frau und ich haben keine Pränataldiagnostik in Anspruch genommen, weil wir unsere Tochter auf jeden Fall bekommen wollten – egal ob mit oder ohne Behinderung. Sie ist eine lebensfrohe, kompetente Jugendliche, die mitten im Leben steht – mit ihren Stärken und Schwächen, so wie jeder Mensch. Wir lieben sie und sind stolz auf sie. Nur weil ein Test möglich ist, ist er nicht immer sinnvoll. Werdende Eltern sollten sich klar sein, was das zusätzliche Wissen für sie und die Schwangerschaft bedeutet, und darüber sprechen – vor dem Test.

© Jochen Rolle

 

Jochen Rolle ist verheiratet, hat eine Tochter (17) und einen Sohn (14) und ist seit 2002 für die Lebenshilfe Wetterau e. V. aktiv. Der Verein unterstützt Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung mit zahlreichen Angeboten.

 

Mit der Schwangerschaft kommen viele Fragen auf, etwa zur richtigen Ernährung oder zur Bewegung. Hilfreiche Tipps rund um Schwangerschaft und Geburt finden sie hier.
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